Trackday-Liebling: Das Grummeln aus Ingolstadt

grandioser 5-Zylinder,
präzise Lenkung,
sicheres Fahrverhalten
Suchtgefahr,
überall zu schnell,
keine Occasion
Preis: € 66.800,01, Mehrausstattung: € 22.843,80, Gesamtwert des Testfahrzeuges: € 89.643,81
Sicherheit: Airbag für Fahrer und Beifahrer, Seitenairbags für Vordersitze, Kopfairbags, Dreipunkt-Automatik-Sicherheitsgurte auf allen Plätzen, Kopfstützen auf allen Plätzen, ISOFIX-Kindersitzbefestigung,
Verbrauch/Drittelmix*: 8,3 l,
Beschleunigung 0-100 km/h*: 4,1 sec.,
Vmax: 250 km/h,
Motor: 5-Zylinder in Reihe, Leichtmetall-Zylinderkopf, 4Ventile/Zylinder, DOHC, Kette/VVT, direkte Einspritzung, 1Turbolader, Intercooler,
Hubraum: 2.480 cm3,
max. Leistung: 400 PS/294 kW bei 5.850-7.000/min-1,
max. Drehmoment: 480 Nm. bei 1.700-5.850/min-1,
Verdichtung: 10,0:1,
Treibstoff: 98 ROZ,
Kraftübertragung: 7-Gang -DSG, Allradantrieb, ESP,
Radaufhängung: v-McPherson-Federbeinachse, Dreieckquerlenker, h-Mehrlenkerachse, v/h-Schraubenfedern, Stabilisator,
Bremsen: Scheiben, v-Ø 370 mm, h-Ø 310 mm, ABS,
Bereifung: 235/35 R19,
Gewicht: 1.595 kg,
L/B/H: 4.479/1.800/1.411 mm,
Radstand: 2.631 mm,
Tankinhalt: 55 l,
* Werksangaben
Mit dem Audi RS 3 fühlt man sich nunmehr als König der Landstraßen. Vor allem diese verwinkelten, mit allerlei Raden geschwungenen Asphaltbänder im Hinterland zu Wald- oder Weinviertel sind sein Revier. Er schiebt und schiebt, eine Gaswegnahme quittiert er mit einem hüsteldem Sprotzen und es macht sich das Gefühl breit, bis ans Ende seiner Tage – oder zumindest bis der Tank leer ist – nicht stehen bleiben zu wollen.
Audi Sport hat ordentlich in den Untiefen der Mechanik und Elektronik herumgefuhrwerkt – überraschend umfangreich für ein Facelift. Klar, der quattro-Allrad mit elektronisch gesteuerter Lamellenkupplung bleibt im Prinzip der gleiche, allerdings hat man ihm eine komplett neue Software verpasst, um der bis dato recht phlegmatischen Hinterachse ihre Unwilligkeit ein Stück weit auszutreiben. Beim Vorgänger konnten laut Audi ja bis zu 100 Prozent der Power nach hinten geschickt werden, richtig angekommen sind davon aber vermutlich meist die wenigsten. Jetzt variiert der Kraftfluss zwischen Vorder- und Hinterachse deutlich spaßorientierter, das Auto reagiert williger und schneller auf das jeweilige Griplevel und den Input des Fahrers.
Ach ja, mehr Kraft gibt es natürlich auch. Der zu großen Teilen neue 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo debütierte im TT RS und leistet nun auch hier 400 PS und 480 Newtonmeter. Das sind 33 PS und 15 Newtonmeter mehr als bisher. 400 PS in der Kompaktklasse – egal, wie oft man es sich vorsagt, es klingt völlig verrückt. Aber was tut man nicht alles, um sich leistungsmäßig wieder an die Spitze des Segments zu katapultieren (die kurzzeitig der 381 PS starke Mercedes-AMG A 45 innehatte). Jetzt ist mehr Wumms natürlich nie ganz verkehrt, viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang aber, dass das neue Aggregat satte 26 Kilo leichter ist als das alte. Schuld an den purzelnden Pfunden sind ein neues Kurbelgehäuse aus Aluminium (ehemals Graphitguss), eine hohlgebohrte Kurbelwelle, sowie eine neue Ölwanne aus Magnesium. Was bereits am Stammtisch beeindruckend klingt, hat in der Realität einen noch viel größeren Effekt. Weil dadurch Gewicht genau dort flöten geht, wo es der RS 3 am dringendsten gebraucht hat. Jawohl, der persönliche Rettungsring des radikalsten Audi-Hot-Hatches war immer an vorderster Front. Dadurch schob das Auto in der Vergangenheit grundsätzlich zu schnell nach außen, fühlte sich behäbig und plump an.
Nun war Geschwindigkeit auf einer Geraden noch nie wirklich das Problem des Audi RS 3. Die entscheidende Frage ist eher: Macht er endlich auch in Kurven Spaß? Die etwas überraschende Antwort lautet: Ja, tut er. Dieser RS 3 fühlt sich deutlich lebendiger, verschmitzter, verspielter an. Es ist ein ganz neues Gefühl, wenn man dieses Auto in eine enge Ecke wirft und merkt, dass er auf einmal wirklich mitspielt, sich mit dem Gas justieren lässt, wie es der Vorgänger niemals gemacht hätte. Ja, er schmiert an der Vorderachse immer noch etwas zu gern nach außen – jetzt aber schmeißt der RS 3 seine Power mit spürbar mehr Inbrunst nach hinten, um diesen Malus auszugleichen. Und mit „spürbar“ ist hier „bemerkenswert unterhaltsam“ gemeint. Will heißen: Der RS 3 hat auf einmal Lust zu tanzen, ein bisschen zu rutschen, frisst eine Kurve auch mal komplett quer, wenn sie das möchten. Ja, wirklich: Sie können dieses Auto jetzt problemlos in den Drift schicken. Erst drängt die Front ein wenig nach außen, dann einfach auf dem Pinsel bleiben und schwups, kommt der Popsch geflogen. Unzickig, wunderbar zu modellieren. Und zwar ohne, dass Sie dafür fahren müssen, als hätten Sie Ihr Hirn zuhause vergessen.
Einschränkend sei erwähnt, dass man dafür diesen neuen RS 3 derart nicht im Strassenverkehr bewegen sollte. Es gibt Rennstrecken, es gibt Fahrtechnikzentren… Ein Umstand, der dem RS 3 – zumindest in seiner Rolle als wilden, Hintern schwingendem Hund – sicher etwas entgegen kommt. Und trotzdem ist das hier fahrdynamisch ein anderes und wesentlich besseres Auto als zuvor. Durch den leichteren Motor wirkt die Vorderachse deutlich lebendiger, die überarbeitete Lenkung macht einen handfesteren Eindruck (alle Audis mit variabler Dynamiklenkung würden sich die Finger nach diesem Lenkgefühl abschlecken) und ganz generell kriegen Sie durch die neue Allrad-Auslegung ein wesentlich positiveres Gefühl aus der Kurve heraus. Als würden Sie von hinten angeschoben, nicht mehr von vorne rausgezogen.
Eine seiner alten Paradedisziplinen, sauschnell und mit irrwitzigen Tonnen an Grip durch langgezogene Kurven zu pflügen, hat der RS 3 natürlich auch mit dem Facelift nicht verlernt. Sie werden grundsätzlich sauschnell unterwegs sein, der kapitale Bumms, denn dieser Fünfzylinder jederzeit aus dem Ärmel schüttelt, lässt gar nichts anderes zu. Die Beschreibung seiner Charakteristik erfordert wirklich nicht viel Fantasie: Ab gut 2.500 Umdrehungen bis zur Drehzahlgrenze bei 7.000 U/min ist totale, gierige, wild trampelnde Achterbahn. Absolut großartig und Meilen entfernt, von allem, was ein Vierzylinder (sei er noch so stark) an Fülle und Emotionalität zu leisten im Stande ist. Das gilt natürlich auch für den Sound, der einmal mehr alles in dieser Klasse (und nicht nur in dieser) in den Schatten stellt. Hätten Ohren Arme, würden sie dem RS 3 vermutlich sofort um den Hals fallen, auch ohne der optional erhältlichen Sportaufpuff-Anlage.
Und ja, Charisma. Trotz der wie immer klinisch reinen Verarbeitung, all dem Audi-typischen Schliff, dem Automatikgetriebe – das Siebengang-DSG schaltet superschnell und in den meisten Fällen so, wie man sich das wünscht – und der hohen Alltagstauglichkeit ist der neue RS 3 mehr denn je ein Charakterkopf. Was neben dem Motor und der neu gefundenen Spielfreudigkeit leider auch am Federungskomfort liegt. Was Audi als „dezidiert straff“ bezeichnet ist und bleibt in Wirklichkeit ein richtig harter Hund – wir können mittlerweile jeden Kanaldeckel der B8 zwischen Gänserndorf und Stadtgrenze Wien beim Namen nennen…
Billig war das RS-3-Vergnügen sowieso noch nie und die Aufpreisliste wird irgendwie auch nicht kürzer. Immerhin kriegt man dafür ein Auto für so ziemlich alle Gelegenheiten. Und deutlich mehr Sinn für Humor ist jetzt ebenfalls Serie.