Weniger ist dann doch oft mehr.

Motor
Sound
Design
Drehzahlmesser
Kniewinkel
Preis
Preis: € 14.700,-, Sonderausstattung: € 531,- (exkl. Steuern), Gesamtwert des Testfahrzeuges: € 15.443,-
Motor: 2-Zylinder, 4Ventile/Zylinder, luft-/ölgekühlt, DOHC, Drosselklappen,
Hubraum: 1.170 cm3,
max. Leistung: 110 PS/81 kW bei 7.750/min-1,
max. Drehmoment: 116 Nm. bei 6.000/min-1,
Verdichtung: 12,0:1,
Treibstoff: 95 ROZ,
Kraftübertragung: 6-Gang, klauengeschaltet,
Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen, Triebwerk mittragend, Telegabel Ø 43 mm, h-BMW Paralever, Federweg v-125 mm, h-120 mm,
Bremsen: v-hydraulische Doppelscheiben, Ø 320 mm, h-Scheibe, Ø265 mm, ABS,
Bereifung: v-120/70 ZR 17, h-180/55 ZR 17,
L/B/H: 2.105/900/805 mm,
Gewicht: 219 kg,
Sitzhöhe: 805 mm,
Tankinhalt: 17 l,
Vmax: 200 km/h,
* Werksangaben
Beim Anblick der R nineT Pure, wird es den Nostalgikern unter uns ganz warm ums Herz. Es scheint nämlich so, als wäre bei BMW die Zeit stehen geblieben. Ein luftgekühlter Boxermotor, der zeitlose Rundscheinwerfer, die analoge Tachoeinheit und der Minimalismus an Verkleidung, zeigt uns ganz klar wo die Reise hingeht… in die Vergangenheit! Die BMW will offensichtlich an eine Zeit erinnern, wo man für das pure Fahrerlebnis kaum mehr als einen Motor und zwei Reifen brauchte… das schafft sie auch sehr gut. Trotz dem minimalistischem Auftreten der BMW muss man sagen, dass man sich an dem einfach wirkenden Design nicht satt sehen kann. Wie ein schönes Gedicht für die Ohren ist das Erscheinungsbild der R nineT Pure für die Augen… sooo stimmig… mit viel Liebe zum Detail.
Doch das klassische Kleid der R nineT Pure täuscht ein bisschen, denn das Bike erfüllt trotzdem die EURO 4 Norm. Dadurch gehört ABS und Traktionskontrolle zur Standardausrüstung der Pure und bietet dem Piloten somit die maximale Sicherheit aus der heutigen Zeit. Die analoge Tachoeinheit beinhaltet auch ein kleines Display, welches den Fahrer diverse Informationen übermittelt, wie zum Beispiel die Öltemperatur des Motors, Tages- beziehungsweise Gesamtkilometer und noch vieles mehr. Ein vom Design her passender Drehzahlmesser wäre noch nett gewesen, aber man kann ja nicht alles haben.
Schwingt man sich in den Sattel der Pure erwartet einen eine sehr entspannte Sitzposition und ein sehr gut positionierter Lenker der quasi keinen Druck auf die Handgelenke ausübt. Das wäre eigentlich optimal für längere Ausfahrten, doch der etwas engere Knieschluss raubt einem die Vorfreude darauf. Personen mit einer Körpergröße von 180 cm und einer starken Willenskraft schaffen sicher auch größere Touren, aber alles über 180-185 cm wird dann sehr, sehr ungemütlich… leider. So ist das aber nun mal, denn gutes Design heißt nicht immer gute Funktionalität.
Lasst uns endlich das Ding fahren…
Der großvolumige Boxer gibt schon was her, schon beim Starten rüttelt es das Bike schön durch. Und erst der Spruch – WAHNSINN – Gänsehautfeeling und man ist noch nicht mal einen Meter gefahren. Gibt man ihr am Stand ein paar Gasstöße, fängt die R NineT leicht an zu kippen, beziehungsweise zu schaukeln – oder sagen wir ganz einfach, sie wackelt leicht nach links und rechts. Für jemanden der nie einen Boxermotor fuhr, ist diese Art von Bewegungen am Motorrad neu, doch da ist nichts kaputt, sondern die längs eingebaute Kurbelwelle ist daran schuld. Das magische Wort heißt Masseträgheit. Durch rasches Be- und Entschleunigen der doch relativ schweren Kurbelwelle, entsteht dieser Effekt des „kippenden Motorrades“. Störend dürfte dieser Effekt für die wenigsten sein, im Gegenteil, das verleiht der BMW eine Menge Charakter und Emotion. Ja ihr habt richtig gelesen. Emotion. Wie man sieht können das auch mal andere Hersteller und nicht nur Ducati.
Es fällt schwer diesen Bericht zu schreiben ohne wieder total ins Schwärmen zu geraten, die R nineT kann so viel und macht so viele Sachen gut, das man sich nur so fragt: WIE GEHT DAS??? Aber schön mal der Reihe nach.
Beim Wegfahren fällt auf, das der Motor nicht nur am Stand gut abliefern kann. Nein – das ist auch beim Fahren eine geile Sau. Falsche Drehzahl kennt das Aggregat nicht! Die zwei Kolben boxen sich (im wahrsten Sinne des Wortes) aus dem tiefsten Keller munter in höhere Drehzahlen, dazu kommt das der Motor mit steigender Drehzahl schön linear an Leistung zunimmt, ohne Pause beziehungsweise ohne Leistungseinbrüchen. So passiert es öfter mal, dass der Drehzahlbegrenzer ungewollt „Hallo“ sagt.
Zum Sound kann man da auch nur sagen – Euro4??? Tzz…
Macht diesem Motorrad nichts aus. Was im Stand ohne viel Last schon super war, wird unter Last nur noch episch. Weder von der Größe noch von der Lautstärke her, würde man sich hier ein Zubehör-Produkt wünschen. Aber sie kann nicht nur Lärm machen und beschleunigen, auch die Bremsen greifen bestens. Ein sehr guter Kompromiss aus gutem Druckpunkt, viel Gefühl und sehr wenig Kraftaufwand – besser könnte man die Bremse wohl kaum beschreiben.
Last but not least: Das Fahrwerk. Die Gabel und das Federbein sind eher komfortabel abgestimmt, trotzdem vermisst man weder beim Einlenken das Gefühl über das Vorderrad noch beim Beschleunigen über das Hinterrad. Nur wenn es zu flott wird, kommt es an seine Grenzen, aber – ist das nicht immer so? Da wird es dann zu unruhig und man merkt einfach, dass die BMW dies nicht so will. Auch der Kniewinkel ist etwas zu eng. Dafür ist sie ein umso besserer Cruiser, wenn nicht der Beste momentan am Markt.
Der ganze Spaß hat aber seinen Preis, der nicht gerade gering ist – Schade. Denn eigentlich braucht jeder Motorradfahrer eine BMW R nineT Pure.