Kölsch Bub, Grundsätzlich – der Kleine macht sich

Dreizylinder + Turbo,
Wendigkeit,
„Titanium“
Interieur,
Turboloch,
Spritsparer?
Preis: € 17.400,-, Sonderausstattungen: € 4.320,01, Gesamtwert des Testfahrzeuges: € 21.720,01
Sicherheit: IPS-IntelligentProtectionSystem (Front- und Seitenairbag für Fahrer und Beifahrer, Knieairbag für Fahrer, Kopf-Schulterairbags vorne und hinten, 3-Punkt-Sicherheitsgurte auf allen Plätzen, vorne mit Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzer, ISOFIX-Kindersitzbefestigungen,
Verbrauch/Drittelmix*: 4,3 l,
Beschleunigung 0-100 km/h*:10,5 sec.,
Vmax: 180 km/h,
Motor: 3-Zylinder in Reihe, Leichtmetall-Zylinderkopf, 4Ventile/Zylinder, DOHC, Zahnriemen/VVT, Direkteinspritzung, 1Turbolader, Intercooler,
Hubraum: 998 cm3,
max. Leistung: 100 PS/74 kW bei 4.500-6.500/min-1,
max. Drehmoment: 170 Nm. bei 1.500-4.000/min-1,
Verdichtung: 10,0:1,
Treibstoff: 95 ROZ,
Kraftübertragung: front, 6-Gang, ESP,
Radaufhängung: v-Einzelradaufhängung, McPherson-Federbeine, L-förmigen unteren Querlenkern, getrennte Lastpfade für Federn und Dämpfer, h-Verbundlenkerachse, mit progressiver Spursteuerung, Schraubenfedern, unterflur angeordnet, separate Einrohr-Stoßdämpfer,
Bremsen: v-Scheiben, belüftet, Ø-262 mm, h-Trommeln, ABS, ASR,
Bereifung: 195/55 R16,
Gewicht: 1.164 kg,
L/B/H: 4.040/1.941/1.476 mm,
Radstand: 2.493 mm,
Tankinhalt: 42 l,
* Werksangaben
Braucht ein Kleinwagen 100 PS? Wir sagen generell deutlich „Ja“! Bei dem Ford Fiesta ist es auch kein Tick zu viel. Wenn ich Öko will, muss ich ja nicht 190 km/h fahren, in der Stadt ist der Vortrieb keineswegs hektisch, oder schwer zu berechnen. Hier ist weder Vorsicht und Gewöhnung gefragt, um die Turbo-Power in gleichmäßige Beschleunigung zu verwandeln. Natürlich gilt auch: Wer ein Auto fährt, will auch dessen Möglichkeiten ausreizen. Und wer der Versuchung erliegt, kann sich auch von den hehren Ambitionen des sparsamen Mini-Sportlers verabschieden.
Beweglich ist er, der Kleine. Gönnt man ihm genug Gas, schiebt der Turbo auch schnell an. Ein merkliches Loch ist aber, gerade bei Zurückhaltung mit dem Gasfuß, definitiv vorhanden.
Das klingt negativer, als die eigentliche Botschaft dahinter ist. Einerseits käme der kleine Ford spielend auch mit weniger PS aus, andererseits lässt sich diese Motorisierung auch ausgesprochen sparsam fahren. Der 1.0-Liter Ecoboost ist folglich so etwas wie ein Mittelweg, die Erweiterung eines beliebten Klassikers: Er bringt Leistung, wenn man will, dass er sie bringt
Es stehen aber der Motor und sein Verhältnis von Leistung und Wirtschaftlichkeit im Fokus. Ford hat sich nicht lumpen lassen und spendierte dem kleinen Kölner gesitteten Vortrieb, mit der Ausstattungsvariante „Titanium“ auch ein ordentliches Rundum-Paket. Von der bonbonartigen Lackfarbe („Hot Magenta“) einmal abgesehen, macht das Modell schon auf den ersten Blick eine gute Figur. Schlanker Körperbau bei erprobter kurviger Linienführung, schöne Augen, klarer Wiederkennungswert: Optisch bietet der aktuelle Ford Fiesta nichts, was nicht seit der Modellpflege im Jahr 2008 bekannt und weitgehend geschätzt wird.
Aber wie heißt es so schön: die inneren Werte zählen. Allerdings fallen das völlig überladene Cockpit und die im Vergleich zur Klavierlackoptik der Konsole, recht billig wirkende Armaturenverkleidung aus Plastik beim Einsteigen negativ auf. Recht schnell zum Ärgernis in Handlingfragen wird auch die Mittelkonsole, oder besser die Armstütze und das darin integrierte Staufach. Praktisch, ja, aber schon vor dem Starten des Motors knallt der Ellbogen das erste Mal schwungvoll gegen die schmerzhaft solide Plastikverschalung.
Latent zähneknirschend geht die multimediale Fahrtvorbereitung, dann aber angenehm unkompliziert über die Bühne. Der MP3-Player wird via USB widerspruchslos geschluckt, auch die Bluetooth-Anbindung des Smartphones gelingt auf Anhieb. Keine Selbstverständlichkeit, es sitzt sich bequem. Und den Stau in der Tangente versüßt die Klimaanlage. Nur wird der turbogeladene Kölner später auf den Straßenbahnschienen der Wiener City leicht zum schlingernden Geschoss. Macht nix, wir schaffen das,
Selbstverständlich ist auch der Zündschlüssel heutzutage nicht mehr. Der Dreh im Zündschloss birgt aber schon die nächste (positive) Überraschung. Das eher anstrengende Rasenmäher-Tackern (Lautstärke vierbeiniger Wadlbeiser) des klassischen Dreizylinders fällt ungewohnt leise aus. Und es geht weiter mit dem Lob. „Das Ruckeln, das Du jetzt spürst, kommt vom Motor“, erklärte einst ein Gebrauchtwagenverkäufer, als ein gewisser Corsa B am Rande einer heimischen Großstadt anno 2003 den Besitzer zu wechseln drohte.
Im Ford Fiesta ist von diesem Ruckeln kaum noch etwas zu spüren. Ford hat sich Gedanken gemacht und die Vibration per Schwungrad und präziser Unwucht ausgeglichen. Das penetrante Traktor-Gefühl ist verschwunden und damit auch ein Faktor, der ernsthaft gegen die Anschaffung eines Dreizylinders gesprochen hat.
Auf der Autobahn hat der kölsche Evergreen einen langen Atem. Muss er auch, denn der fünfte Gang wird von 80 km/h bis hin zur Spitzengeschwindigkeit von 180 km/h ausgefahren. Dabei pusht der Turbo den kleinen Ford selbst bei einem Tempo von um die 130 km/h noch nach vorn. Aber dies hat auch seinen Preis in Form von gehörigem Durst. Und wenn sich der Dreizylinder durch Druck lautstark in immer höhere Drehzahlen quält, drängt sich die Frage auf: Warum wurde dem Auto kein erlösender sechster Gang spendiert?
Im weiteren Fahrverhalten gibt es ansonsten nichts Neues. Die Kurven geht der Fiesta etwas hüftsteif und übervorsichtig mit, lässt sich meist aber auch zu einem Hauch Unvernunft überreden. Das ESP schaltet sich mitunter etwas unmotiviert ein und irritiert mehr, als das es für Sicherheit sorgt. Dafür schlägt sich die Lenkung auf kurvigen Landstraßen und auf der Bahn letztlich deutlich besser, als es die laxe Lenkung zunächst vermuten lässt. Unter dem Strich ist auf den Ford verlass, wenn es drauf ankommt. Und das macht Laune
Wer ausschließlich Sprit einsparen will, kann sich den Boost sparen. Wer mit dem Dreizylinder noch etwas Spaß haben will, der sollte zumindest über die Modellvariante nachdenken.