Nah an Classic – Bin ich jetzt der Steve?

10-Gang (!) Automatik,
McQueen-Flair
gefühllose Lenkung,
Knöpferl-Kino,
doch zu soft
Preis: € 52.750,-, Sonderausstattung: Premium-Paket 3 € 4.028,17, Metall Lackierung € 1.007,05, MagneRide-Adaptives Dämpfersystem € 2.819,72, Gesamtwert des Testfahrzeuges: € 60.604,94
Sicherheit: IPS (IntelligentProtectionSystem)- Frontairbag für Fahrer und Beifahrer, Knieairbag für Fahrer, Kopf-Schulterairbags (nur in Verbindung mit Fastback), Dreipunkt-Sicherheitsgurte auf allen Plätzen, vorne mit Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer, vorne höhenverstellbar, ISOFIX-Kindersitzbefestigung im Fond,
Verbrauch/Drittelmix*: 9,0 l,
Beschleunigung 0-100 km/h*: 5,5 sec.,
Vmax: 234 km/h,
Motor: 4-Zylinder in Reihe, Leichtmetall-Zylinderkopf und- block, 4Ventile/Zylinder, DOHC, Kette, VVT, direkte Einspritzung, 1 Turbolader, Ladeluftkühler,
Hubraum: 2.264 cm3,
max. Leistung: 290 PS/213 kW bei 5.300/min-1,
max. Drehmoment: 440 Nm. bei 3.000/min-1,
Verdichtung: 9,5:1,
Treibstoff: 98 ROZ,
Kraftübertragung: 10-Stufen-Automatik, heck, ESP,
Radaufhängung: v-doppelte Dreieckquerlenker, McPherson-Federbeine, h-Mehrlenkerachse, v/h-Schraubenfedern, Stabilisator,
Bremsen: Scheiben, belüftet, v-Ø 352 mm, h-Ø 330 mm, ABS,
Bereifung: 255/40 R19Y,
Gewicht: 1.580 kg,
L/B/H: 4.794/2.080/1.381 mm,
Radstand: 2.720 mm,
Tankinhalt: 59 l,
* Werksangaben
Grundsätzlich ist es die sechste Generation des amerikanischen Sportwagens, der sich mittlerweile auch zum Klassiker hochstilisiert hat. Das letzte Facelift bekam ihm, einige technische News gabs dazu, die allesamt zu einer moderaten Gangart führen. Auch mit diesem sichtlich aufgefrischten Design möchte der Mustang seinem ärgsten Konkurrenten – dem Chevrolet – zusetzen. Die nach oben gehenden und deshalb gerne mal kritisierten Frontscheinwerfer verschwinden, die neuen, serienmäßigen aus LED-Technik leuchtenden Scheinwerfer schauen deutlich grimmiger drein. Kiemen in der Motorhaube und der tiefer positionierte sowie profiliertere Kühlergrill, verstärken den Eindruck eines angriffslustigen Muscle Cars.
Dazu ist er eher wuchtig als grazil und würde stoisch so weiter machen, anfahren und stoppen, bis der Tank leer ist. Es ist der Fahrer, der raus will aus der Stadt und rauf auf die Landstraße, um den Sportwagen im Mustang zu wecken. Um es vorwegzunehmen: Das gelingt sowohl im normalen Fahrmodus, als auch in den Sport-Einstellungen ganz gut. Natürlich tanzt der Mustang eher mit der Wucht eines Breakdancers als mit der Grazie einer Ballerina um Kurven. Die Gesetze der Physik lassen sich eben nicht überlisten – schon gar nicht mit einem 4,78 Meter langen und 1.580 Kilo schweren Ford. Aber der Vierzylinder-Mustang fährt willig in die Richtung, welche die Lenkung vorgibt und beschleunigt stabil aus der Kurve. Beim Einlenken und Bremsen ist er sogar einen Tick besser als die GT-Version. Es hat eben auch Vorteile, wenn ein leichterer Motor auf die Vorderachse drückt.
Die größte fahrdynamische Stärke der facegelifteten, sechsten Mustang-Generation ist neben der überarbeiteten Fahrwerksabstimmung mit neuen Dämpfern, zusätzlichen Verstrebungen und einem optionales Dämpfersystem namens MagnetRide, aber ihre vertrauenerweckende Hinterachse. Sie setzt einen Großteil der Motorpower in Beschleunigung um und nicht, wie früher, in Gummiabrieb auf der Straße. Auch in dieser Hinsicht hat sich der auf den ersten Blick so schnoddrige Amerikaner also vom Asphalt-Rambo, zu Schwiegermutters Liebling gemausert.
Bleibt noch die wichtigste Frage zu klären: Was taugt er denn nun, dieser Vierzylinder, der zwar umsäumt wird von unzähligen Rohren, Schläuchen und Nebenaggregaten, aber doch irgendwie verloren wirkt im riesigen Mustang-Motorraum? Es braucht nur wenige Kilometer und das nötige Maß an Objektivität, um festzustellen, dass das schon passt mit dem großen Coupé und dem kleinen Motor.
Okay, die Souveränität, die ein mit einem mehr als doppelt so großen Hubraum gesegneter Achtzylinder beim Beschleunigen an den Tag legt, kann nicht einmal der beste Turbolader ausgleichen. Aber – der 2,3-Liter-Ecooboost-Vierzylinder bekam mehr Drehmoment zugesprochen, hält man das Vierzylinder-Triebwerk ein bisschen bei Drehzahl, am besten im Bereich zwischen 3.000 und 5.000 Umdrehungen, kann sich niemand über mangelnden Vortrieb beschweren. Wie auch, wenn das maximale Drehmoment 440 Newtonmeter beträgt und der Null-auf-Hundert-Wert 5,5 Sekunden? Etwas weniger Spaß macht der Vierzylinder auf der Autobahn, weil er ziemlich früh Mühe hat, die nicht gerade windschnittige Mustang-Karosserie durch den Fahrtwind zu drücken. Doch das geht mit dem V8 kaum anders.
In Kurven drängt ständig das Heck nach außen. Das ESP regelt dabei harsch. Ist es abgeschaltet, geht es meist nur noch quer – Small-Block-Herz, was willst du mehr? Die elektrisch unterstützte Servolenkung ist eher von der gefühllosen Sorte, auf engem, kurvigem Geläuf muss man zu viel am Lenkrad kurbeln. Immerhin halten die tailliert geschnittenen Ledersitze dabei gut fest. Das Zehngang-Getriebe schaltet sich beinah unmerklich, die Brembo-Bremsen greifen beherzt zu, mögen das ständige Einfangen aber nicht so gerne, sodass die Dosierbarkeit bald merklich nachlässt.
Mehr als nur etwas Make-Up erhielt dagegen der Innenraum. Das aktuelle Sync-3-Infotainment mit Acht-Zoll-Touchscreen und AppLink stellt einen deutlichen Fortschritt zum Vorgänger dar. Wegen vieler Knöpfe am Lenkrad und auf der Mittelkonsole, sowie der nur mäßigen Spracherkennung bleibt die Bedienung jedoch umständlich – immerhin ist das Lederlenkrad jetzt heizbar. Dazu gibt es neue Oberflächenmaterialien, neue Sitzbezüge sowie Kniepolster an der Mittelkonsole
Der Mustang mag nicht in voller Ausprägung den ungehobelten Ami-Charme vermitteln, sobald der Vier- statt des Achtzylinders unter der Haube steckt. Aber motorisch kastriert ist er deshalb nicht. Auch mit halber Zylinderzahl ist der Mustang ein alltagstaugliches Power-Coupé mit ordentlichen fahrdynamischen Anlagen, das gegenüber seinem stärkeren Bruder einen entscheidenden Vorteil bei den Kosten bietet.