Wolfsburger Bulle

Motor + Antrieb,
Interieur,
Nutzbarkeit
Übersicht vorne/enges Gelände,
USB-Anschluss,
Mittelarmlehne
Preis: € 31.128,-, Mehrausstattung: € 4.861,20, Gesamtwert des Testfahrzeuges: € 36.432,-
Sicherheit: Airbag für Fahrer und Beifahrer, Seiten- und Kopfairbags vorne, Drei-Punkt-Automatik-Sicherheitsgurte auf allen Plätzen, v-höhenverstellbar und Gurtstraffer, ISOFIX-Kindersitzbefestigung und TopTether,
Verbrauch/Drittelmix*: 8,5 l,
Beschleunigung 0-100 km/h*: 9,9 sec.,
Vmax: 177 km/h,
Motor: 6-Zylinder in V90°, Leichtmetall-Zylinderköpfe, 4Ventile/Zylinder, 2×2 DOHC, Kette, Common Rail Einspritzung, Abgasturbolader, Intercooler,
Hubraum: 2.967 cm3,
max. Leistung: 163 PS/120 kW bei 2.750-4.500/min-1,
max. Drehmoment: 450 Nm. bei 1.250-2.500/min-1,
Verdichtung: 16,8:1,
Treibstoff: Diesel,
Kraftübertragung: 6-Gang, Allrad zuschaltbar, ESP,
Radaufhängung: v-Einzelradaufhängung mit Dreiecks-Doppelquerlenker und Federdämpfer, h-Starrachse mit Blattfedern,
Bremsen: Scheiben, ABS, Berganfahr-und Bergabfahrhilfe,
Bereifung: 255/60 R18,
Gewicht: 2.200 kg,
L/B/H: 5.321/2.228/1.834 mm,
Radstand: 3.097 mm,
Tankinhalt: 80 l,
* Werksangaben
Nachdem er die große Bühne dieser automobilen Welt „erfahren“ hat, dauerte es nicht lange und er konnte sich als Platzhalter der Pick Ups in Europa durchsetzen. In US weht allerdings mit Ford f-150, Dodge Ram, oder Chevy Silverado ein bissl heftigerer Wind. Ob Wald, Forst oder Wiesen und Weiden – der VW Hinterlader erfüllt hier seine an ihn gestellten Aufgaben in stoischer Ruhe, zieht seine Last, verrichtet die Erwartungen, welche der Junge vom Land an ihn stellt. Bis hin zum Disco-Mobil, vorher noch ordentlich abgedampft und die Kotflügel rausgewaschen. Als würde sich eine Frau schminken um ins Lifestyle abzutauchen. Eben Weekend-Fever wenn die Kühe und Kälber ihr Heu haben und der Alt-Bauer im Fernseh-Sessel schon schläfrig auf die Nachrichten wartet.
Der Entry V6 TDI ist nicht die Top-Version, aber mit V6 und 163 PS recht gut bestückt, 450 Newtonmeter Druck aus dem Drehzahlkeller lassen ahnen, dass der Wolfsburger für das „Schotterwandern 2018“ eigentlich überqualifiziert ist. Durch den bulligen Auftritt des Amarok taucht man auch selbst in eine ganz andere Welt ein. Obwohl – PKW-Feeling – allerdings ganz anderer Art – ist vorhanden und am Asphalt auch nicht zu leugnen. Gepaart mit dem gut abgestimmten Sechsgang-Schalter mutiert das Pick Up zum lifestyligen und ausreichend komfortablen Allrounder. Kameras und Piepser lassen den Amarok beim Parken hingegen eher wieder wie einen PKW wirken.
Der Dieselkonsum jedenfalls bleibt erstaunlich niedrig. Auf der Verbrauchsrunde hält der Amarok die Werksangabe annähernd ein, doch auch bei der Fahrt durchs Gelände, oder bei schnellerer Autobahnfahrt hält sich der Dieselaufschlag in engen Grenzen. Trotz Starrachse, Blattfedern und den üppigen Dimensionen kann der VW überdies beim Handling punkten und wirkt relativ handlich. In engen Kurven – und da speziell am Asphalt – ist dennoch der zuschaltbare Allradantrieb zu spüren, der dann ein wenig verspannt.
Das Interieur dagegen wirkt – gegenüber einem noch so kleinen PKW – nahezu entrümpelt. Es ist alles da, was der Lenker wissen muss und was über den „gesundheitlichen“ Zustand des Wolfsburgers wissenswert ist. Aber – ein Lenkrad ohne irgendwelche Tasten, Druckknöpfe, Scroller und Knöpfe! Ja, wirklich. VW beweist damit – es geht auch ohne! Bringt meist eh nix. Mitten im Wald, im navigatorischem Middle of Nowhere ist meist sowieso Funkstille, am besten hat man einen Stick mit auf dem die Lieblingsmusik geladen ist, damit die Stille und das dieselige Motorgeräusch nicht zu sehr um sich greift.
Der positive Eindruck, den der Amarok On- und Off Road vermittelt, setzt sich damit im Innenraum fort. Auf den ersten Blick glänzt der VW mit vorbildlicher Verarbeitung. Auf den zweiten Blick erweist sich die eine, oder andere Stelle aber als nicht ganz so solide. Aufgeklappt lässt sich etwa die weit zurückliegende Mittelkonsole zwischen den Sitzen deutlich verwinden – warum die beiden Becherhalter nicht nebeneinander? – und auch das Brillenfach wirkt nicht bombenfest in seiner Verankerung. Im Kapitel Ergonomie punktet der Amarok mit bequemen Sitzen und vielen Ablagen. Die Bedienelemente sind markentypisch da, wo man sie vermutet. Dazu kommen zahlreiche Ablagen für Krimskrams. Der USB-Anschluss versteckt sich allerdings tief hinter dem Schalthebel, bietet aber dafür im Umfeld genug Platz für ein Smartphone, das sich über die bekannten Apple-/Android-Lösungen einfach spiegeln lässt und soweit aus dem Gesichtsfeld des Fahrers gut aufgehoben ist. Im Fond ist der Platz eingeschränkt, reicht aber aus für kleine Menschen, oder kurze Strecken.
Im Gelände, gerade bei winkeligen Bergauf- Bergabpassagen ist die hohe Motorhaube allerdings nicht von Vorteil. Sie versperrt teilweise die Sicht und meist dann, wenn es heikel wird mit dem Einlenken. Der Blick durchs Seitenfenster hilft da zumeist, den Amarok in der Spur zu halten – aber das wissen Geländegänger ohnehin.
Seinen Anspruch als Premium-Pick Up wird der Amarok mit dem Dreiliter-V6 also definitiv gerecht und muss sich vor der Konkurrenz nicht fürchten.
Fritz Schranz + rrf@ms-insider.com