Highway Star oder: entzauberter Firmenwagen

von allem zu viel,
von allem zu viel,
von allem zu viel
und nirgends zu wenig,
und nirgends zu wenig,
und nirgends zu wenig
Preis: € 152.730,- Sonderausstattungen: € 22.120,10 (exkl. Steuern), Gesamtwert des Testfahrzeuges: € 185.791,67
Sicherheit: Airbag für Fahrer und Beifahrer, Thorax-Pelvis-Sidebags in den Sitzen für Fahrer und Beifahrer, Windowbags links und rechts, Kneebag für Fahrer, Sidebags im Fond, 3-Punkt-Automatik-Sicherheitsgurte auf allen Plätzen, ISOFIX-Kindersitzbefestigung,
Verbrauch/Drittelmix*: 8,8 l,
Beschleunigung 0-100 km/h*: 3,4 sec.,
Vmax: 250 km/h,
Motor: 8-Zylinder in V90°, Leichtmetall-Zylinderköpfe und- block, 4Ventile/Zylinder, 2×2 DOHC, Kette, direkte Einspritzung, 2Turbolader parallel, 2 Intercooler,
Hubraum: 3.982 cm3,
max. Leistung: 612 PS/450 kW bei 5.750-6.500/min-1,
max. Drehmoment: 850 Nm. bei 2.500-4.500/min-1,
Verdichtung: 8,6:1,
Treibstoff: 95 ROZ,
Kraftübertragung: 9-Gang, AMG Speedshift, MCT, permanenter Allrad, ESP,
Radaufhängung: v-McPherson-Federbeine, Quer- und Längslenker, Schraubenfedern, h-Mehrlenkerachse, Luftfederung mit Niveauregulierung, v/h-Stabilisator, elektronisches Dämpfersystem,
Bremsen: Scheiben, belüftet, v/h-Ø 360 mm, ABS,
Bereifung: v-255/35 R 19, h-285/30 R19,
Gewicht: 1.995 kg,
L/B/H: 4.890/1870/1.450 mm,
Radstand: 2.870 mm,
Tankinhalt: 66 l,
* Werksangaben
Als hätte es die Rockgruppe Deep Purple damals (1972) schon gewusst. Auch der Name des Albums passt vorzüglich: „Machine Head“. Sowas ist man, sowas muss man sein – wenn man den Schlüssel dieses ultimativen Sterns übernimmt. Dabei ist die eigentliche E-Klasse der Stern solventer Senioren, Taxi und die Mutter aller Firmenwagen. Doch in der neuen AMG-Version E63 S mutiert der Luxusliner – über 600 PS stark und 300 km/h schnell – zum knallharten Sportwagen-Verscheucher.
Die Anfang 2016 gestartete neue E-Klasse-Generation ergänzte Mercedes Anfang 2017 um den E63 AMG. Statt der bisherigen 5,5-Liter-Maschine kommt im E63 nun der aus dem AMG GT bekannte 4,0-Liter-V8-Biturbo zum Einsatz, der trotz des deutlich verkleinerten Hubraums neben mehr Leistung, auch bessere Fahrleistungen erlaubt. Bei der Höchstgeschwindigkeit bleibt es aber bei den obligatorischen 250 km/h. Dieses Limit lässt sich ab Werk aber auf 300 km/h anheben, sofern man das Driver’s Package ordert.
Verantwortlich für die deutliche Verkürzung der Sprintzeit bei der Standardversion ist der grundsätzlich serienmäßige Allradantrieb 4MATIC, der im Zusammenspiel mit einem ebenfalls serienmäßigem Sperrdifferenzial dafür sorgt, die überbordende Kraft in Vortrieb umzusetzen. Der Allradantrieb verfügt über eine elektromechanische Kupplung, die – anders als bei der bisherigen 4MATIC – eine variable Momentverteilung erlaubt.
Dank einer Racestart-Funktion kann man im Stand den Antrieb des E63 AMG bereits vorspannen und so beim 100-km/h-Sprint noch zügiger aus den Blöcken zu kommen.
Hieraus ergibt sich für die S-Version die Möglichkeit, im Drift-Modus alle Kraft an die Hinterachse zu schicken, was kontrolliertes Querfahren erlaubt – nur quer bist wer!
Ebenfalls serienmäßig ist die neue neunstufige Sportautomatik, die mit nasser Anfahrkupplung statt des bisherigen Drehmomentwandlers, ein besseres Ansprechverhalten bei weniger Gewicht ermöglicht. Dazu kommt ein automatisches wie heiseres Bellen, um der Umwelt die Schaltvorgänge auch mitzuteilen.
Die umfangreichen Antriebsneuerungen sorgen nicht nur für eine bessere Performance, sondern im Zusammenspiel mit einer Zylinderabschaltung auch für einen geringeren Spritkonsum. Darüber hinaus kann der neue E63 AMG noch mit einigen weiteren fahrdynamischen Veränderungen aufwarten. So wurde im Vergleich zum Vorgänger die Spur verbreitert. Zusatzverstrebungen sollen zudem eine noch steifere Karosserie garantieren.
Außerdem gibt es eine Luftfederung namens Air Body Control, die es erlaubt, per Knopfdruck zwischen einer sportlichen, oder komfortablen Einstellung zu wechseln. Ebenfalls in drei Stufen einstellbar ist die variabel übersetzte Parameterlenkung, die bei langsamer Fahrt nur nach leichten Lenkbewegungen verlangt.
Okay. Soweit der brachiale Familien-Benz. Und wie geht er ums Eck? Der AMG lässt sich sehr gut bewegen. Dank des variablen Allradantriebs baut er immer genügend Traktion auf, damit man schnell auch durch enge Kurven hindurch und noch schneller wieder heraus kommt. Und die Luftfederung reagiert so schnell, dass der Aufbau immer schön ruhig bleibt. Selbst den Motor hat AMG mit verstellbaren Lagern aufgehängt. Das kostet zwar etwas Komfort und ist deshalb dem engagierten Einsatz vorbehalten, bringt aber noch mehr Ruhe ins Fahrzeug.
Wem dabei allzu langweilig wird, für den hat AMG eine nette kleine Spielerei in den Tiefen des Menüs versteckt: Den Driftmode. Auf Knopfdruck wird die Allrad-Limousine elektronisch zur lasziven Heckschleuder herunter geregelt und bringt so den Nervenkitzel zurück
Man kann den E63 S gerade auf der Autobahn tatsächlich halbwegs zivil und entspannt fahren. Im Gegensatz zu jedem Supersportwagen bietet er nicht nur eine üppige Komfort- und Infotainment-Ausstattung, sondern auch noch Sitzplätze im Fond, die diesen Namen tatsächlich verdienen. Und wer vorübergehend die Lust an der Leistung verliert, kann das Kommando genau wie in einem banalen E 200d dem schon ziemlich autonomen Autopiloten übertragen und minutenlang die Hände in den Schoß legen.
Eines muss gesagt werden: Mit dem S am Heckdeckel kauft man auch ein Superlativ: Das ist die stärkste E-Klasse aller Zeiten, machen die schnellen Schwaben auf dicke – auch mit Blick auf fast 50 Jahre AMG-Geschichte. Rasend schnell und trotzdem ganz lässig zu fahren, leidenschaftlich und luxuriös, emotional und intelligent bis ins letzte Bit & Byte – so wird der E63 zur vielleicht besten, auf jeden Fall aber zur vielseitigsten E-Klasse und zum Traumwagen aller Vielfahrer.