Quertreibereien. Mit hohem Lernfaktor
Das ganze Image von Volkswagen könnte man mit einigen wenigen Schlagwörtern beschreiben: Gute Motoren, ausgereifte Technik, sehr sichere Fahrzeuge, hoher Qualitätsstandard. Kompromisslos sportlich, naja – eher nicht so. Klar mit den GTI und R Modellen hat VW punkto Sportlichkeit ordentlich was zu bieten, aber sie bleiben sich selbst treu und bauen sogar die schärfsten Fahrzeuge für jeden fahrbar.
So muss man auch ganz ehrlich sagen, die Erwartungshaltung der Veranstaltung gegenüber war nicht so hoch. Warum? Man kennt es von vielen anderen Herstellern, sie locken Kunden und Interessenten mit Wörtern wie: „Testen sie unser neues Fahrzeug auf der Rennstrecke, sie können ans absolute Limit fahren und die Grenzen der Fahrzeuge am eigenen Leib erspüren“. Spannend beschrieben, aber in Wirklichkeit verbringt man drei Stunden in einer Vorbesprechung, wo einem ein Instruktor erzählt was man alles machen könnte und was das Auto alles kann. Danach fährt man für 20 Minuten in einer Schlange dem Guide nach wo man weder das ESP abschalten-, noch einen der herumschleicht überholen darf. Wow, was für ein Erlebnis.
Doch bei der Volkswagen Driving Experience kam alles anders als man ursprünglich dachte. Am Parkplatz vom Übungsgelände angekommen war schnell klar, klotzen statt kleckern heißt die Devise. Jeweils sechs Golf R, Arteon und T-Roc standen vor Ort zur Verfügung. Da lacht das Kind im Mann/Frau, wenn man weiß, was man gleich auf Schnee und Eis bewegen darf. Golf R ist eh klar, 310 PS 4MOTION mit DSG, den Arteon gab es mit zwei Motoren, einmal Diesel mit 240 PS und ein Benziner mit 280 PS und der T-Roc war mit satte 190 PS auch alles andere als schwach. Die Arteon und T-Roc hatten natürlich auch alle 4MOTION und DSG. Kleine Info am Rande: Den T-Roc wie bei diesem Event zu fahren, gibt es in Österreich mit dieser Motorisierung nicht zu kaufen. Die Autos waren alle in Deutschland zugelassen und somit vom Hersteller direkt.
Am Parkplatz kurz Gusto geholt, ging es mit vermehrtem Mundwasser und feuchten Mundwinkeln nochmal kurz ins Warme, die Vorbesprechung stand an. Nach dem Anblick der Autos wollte man eigentlich nur noch fahren, das wussten die Instruktoren zum Glück auch. Die Einweisung gestaltete sich damit kurz und knapp, in nicht einmal 30 Minuten waren die netten Damen und Herren von VW durch und es ging endlich – händereibend – ans Eingemachte.
Sinn dieser ganzen Veranstaltung war in erster Linie den Leuten zu zeigen, was eigentlich alles mit einem Allradauto möglich ist. Es ist erstaunlich wie groß die Vorteile eines Allradfahrzeuges werden, wenn der Untergrund rutschig wird. Dort wo man mit einem Frontkratzer, oder Heckschleuder schon lange stehen und um Traktion kämpfen würde fahren diese Mobile ohne Probleme, dabei ist es egal ob es der Golf, der Arteon oder der T-Roc ist.
Doch nicht nur die Traktion ist außerordentlich. Die Stabilität, welche diese Fahrzeuge auf Schnee und Eis in der Kurve bieten, lassen Piloten, die wenig bis keinen Kontakt mit allradangetriebenen Autos hatten, ganz schön verwundert schauen. Hier fangen aber die Unterschiede an. Auf rutschigem Untergrund spielen Fahrzeuggewicht, Radstand, Fahrwerk, Schwerpunkt und Gewichtsverteilung eine große Rolle, wenn es um das Fahrverhalten geht. So merkt man ganz schnell, dass der Golf R mit seinem tieferen und härteren Fahrwerk sich bei solchen Bedingungen am schwersten tut. Auf Schnee und Eis bringt man nur wenig Druck auf die kurvenäußeren Räder – somit kämpft er mit ordentlichem Untersteuern am Kurveneingang. Mit etwas Gas und Gefühl kommt er aber trotzdem schön mit dem „Arsch“ herum und man kann die Kurve im weiteren Verlauf driftend durchfahren.
Arteon der Gleiter in diesem Trio, ist unter diesen Bedingungen doch etwas besser und interessanter zu fahren. Mit den 280 PS mehr als ausreichend motorisiert, bewegt sich das VW Flaggschiff deutlich agiler als der Golf. Kein Wunder! Durch das höhere Fahrwerk, dem längeren Radstand und der weicheren Abstimmung, konnte man schönen Druck auf die äußeren Räder bringen und der Arteon lenkte dadurch williger ein und war im Drift dank des Radstandes, trotzdem gut beherrschbar.
Überraschung des Tages war dann der T-Roc. Der wohl unspektakulärste auf trockenem und griffigem Untergrund macht auf Schnee und Eis richtig Spaß. Hoher Schwerpunkt und eine weiche Fahrwerksabstimmung machen ihn bei diesen Verhältnissen beinahe unschlagbar. Kaum noch untersteuern, man merkt richtig wie das Fahrwerk arbeitet und Grip generiert. Wer hätte das am Anfang des Tages gedacht? Der Schwächste und Unsportlichste hat den größten Fun-Faktor. Lasset weiterhin den Schnee kommen…
An dieser Stelle muss man Volkswagen danken. Solche Veranstaltungen sind nicht selbstverständlich. Man fährt den ganzen Tag, die Wolfsburger werden alles andere als geschont, teilweise ist es auf eisigen und rumpligen Stellen richtiger Materialmord. Das alles zeigt aber, wie qualitativ und hochwertig VW ist. Natürlich ein tolles Erlebnis die Fahrzeuge wirklich am Limit über Eis und Schnee zu treiben. Es bringt auch dem Autofahrer sehr viel – man lernt in Gefahrensituationen richtig zu reagieren, die Instruktoren weisen sofort auf Fehler hin und man bekommt über den ganzen Tag verteilt konstruktives Feedback, wie man gewisse Sachen eventuell noch verbessern könnte. Der Lernfaktor ist hoch, gerade ungeübten und auch routinierteren Fahrern würde ein solcher Event viel Selbstvertrauen und Selbstsicherheit hinter dem Steuer bringen. See ya!